Interview mit Josina Moll, Projektleiterin Straßenkinder e.V.

Wann wurde der Verein Straßenkinder e.V. gegründet?

Straßenkinder e.V. wurde 2000 von unserem Vorsitzenden Eckhard Baumann und einigen Mitstreiterinnen und Mitstreitern gegründet. Zu dem Zeitpunkt waren sie viel am S-Bahnhof Zoologischer Garten und am Breitscheidplatz unterwegs. Dort gab es viele Straßenkinder und -jugendliche und niemand hat sich so richtig um sie gekümmert. Also haben sie sich den Kids angenommen.

Welche Ziele verfolgt der Verein?

Mit unserer Arbeit wollen wir Kindern und Jugendlichen, die auf der Straße leben oder dort ihren Lebensmittelpunkt haben, helfen, ihren Weg zurück in die Gesellschaft zu finden und sich ein eigenständiges und selbstfinanziertes Leben aufbauen zu können.

Im Rahmen unserer Straßensozialarbeit begleiten wir Kinder, Jugendlichen und junge Erwachsene im Alter von 14 bis einschließlich 26 Jahren, die obdach- oder wohnungslos sind oder ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben. Dabei erreichen wir derzeit etwa 500 Kindern und Jugendliche im Jahr. 

Manchmal begegnen wir in unserer Arbeit auch jüngeren Kids, die wir natürlich auch nicht wegschicken. In unser Kinder- und Jugendhaus BOLLE, unser Präventionsprojekt in Berlin-Marzahn, kommen täglich bis zu 120 Kids im Alter von 6 bis 18 Jahren. 

Welche Arbeitsbereiche bzw. Schwerpunktthemen gibt es?

Wir sind auf den Straßen Berlins unterwegs und helfen durch ganz praktische Hilfeleistungen. Dazu gehört auch unsere Essensausgabe am Alexanderplatz, die von WBM unterstützt wird, oder die Ausgabe von Kleidung und Hygieneartikeln. In unseren Anlaufstellen und dem Beratungsbüro in Berlin-Friedrichshain helfen wir allen Anliegen, schenken Zeit und Ohr und geben die Möglichkeit auf eine warme Dusche und eine Waschmaschine. Mit unserer Sozial- und Rechtsberatung und unserer Unterstützung bei behördlichen Angelegenheiten motivieren wir Kinder und Jugendliche, den Weg zurück in die Gesellschaft anzugehen. Zudem bieten wir jede Woche vielfältige, kreatives Workshops an als alternatives Angebot als der Alltag auf der Straße. Die Straßenkinder und -jugendlichen lernen so, ihren Alltag zu strukturieren und entwickeln Perspektiven.

In unserem Kinder- und Jugendhaus BOLLE setzen wir uns gegen Kinder- und Bildungsarmut ein. Viele der Kinder, die zu uns kommen, haben bereits in der ersten Klasse große Schwierigkeiten mit dem Lernstoff. Wir bieten positive Freizeitaktivitäten wie Musik- und Sportangebote, den BOLLE-Garten, Kreatives und eine Fahrrad- und Holzwerkstatt. Außerdem unterstützen wir Kinder und Jugendliche bei der Berufswahl mit Bewerbungstrainings, Unternehmensbesuchen und Jobinformationen. 

Im Moment bauen wir in Berlin-Lichtenberg das Straßenkinderhaus BUTZE. Hier werden unsere aktuellen Angebote der Straßensozialarbeit gebündelt und erweitert, um weiter dafür zu arbeiten, dass obdachlose Kinder und Jugendliche schnellstmöglich von der Straße geholt werden.

Auf sieben Etagen und einer Fläche von rund 3.400 Quadratmetern entsteht eine Begegnungsstätte mit tagesstrukturierenden Angeboten, die den Prozess der Wiedereingliederung für Straßenkinder fördern. Rund 40 verschiedene Wohn- und Schlafplätze in Form von Notschlafstellen und Wohnplätzen werden eingerichtet. Darüber hinaus wird es eine Wärmestube, eine Großküche, mehrere Büros für Sozial- und Rechtsberatung, Werkstätten und Schulungsräume für berufsvorbereitende Maßnahmen, Duschmöglichkeiten, Waschräume, eine Kleiderkammer sowie eine Basisstation für Streetwork geben. Unseres Wissens gibt es bundesweit kein vergleichbares Projekt.

Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten für Straßenkinder e.V.? Wie sieht der Arbeitsalltag aus?

Aktuell arbeiten 37 Mitarbeitende beim Verein. Hinzu kommen Praktikantinnen und Praktikanten und ehrenamtliche Helfer. Uns motiviert es, dass wir zu den Kindern und Jugendlichen eine enge Beziehung aufbauen können. 

Wir haben ein festes Rahmenprogramm, aber kein Tag gleicht dem anderen, denn jede Geschichte ist individuell. Der Arbeitsalltag ist sehr flexibel und auch abhängig von den Aufgabenbereichen. Neben der klassischen Sozialberatung bieten wir auch Gesprächstermine, begleiten die jungen Menschen zu wichtigen Terminen bei Ämtern oder Behörden oder bei Arztbesuchen.

Wir betreuen die Anlaufstelle und die Beratungszeiten, sowie einzelne Angebote: Sportprogramm, Kreativprogramm, Essensausgaben, Streetwork, aber sind auch für andere Fälle: wir fahren Umzüge, helfen in Not und bei medizinischen Problemen, aber auch in Beziehungsfragen.

Was kann dank der Unterstützung der WBM umgesetzt werden?

Dank der Unterstützung der WMB können wir u.a. das Angebot unsere Essenausgabe am Alexanderplatz aufrechterhalten. Dies ist seit über 15 Jahren ein zentraler Punkt unserer Straßensozialarbeit. Wir haben einen Koch, der das Essen frisch zubereitet und darauf achtet, dass das Essen gesund und ausgewogen ist. Zwei Mal in der Woche steht unser Team mit einer mobilen Essensausgabe neben dem Bahnhofsgebäude und gibt eine warme und nährstoffreiche Mahlzeit an die jungen Menschen, die vorbeikommen, aus. Für viele Kids ist das eine der wenigen Mahlzeiten, die sie in der Woche bekommen.

Wie finanziert sich der Verein? Wo und wie können Interessierte helfen? 

Die Arbeit des Vereins finanziert sich zu ca. 95% aus Spenden. Für unsere laufende Arbeit brauchen wir dringend Unterstützung und freuen uns sehr auch über kleine Spenden!

Wer uns finanziell unterstützen möchte, kann gerne auf unser Spendenkonto überweisen (Straßenkinder e. V., SozialBank, IBAN: DE33 3702 0500 0003 2826 00, BIC: BFSWDE33XXX, Stichwort „Straßensozialarbeit“). Natürlich gibt’s auch die Möglichkeit über unsere Website www.strassenkinder-ev.de zu spenden.

Wer sich praktisch einbringen möchte kann sich gerne als ehrenamtlicher Helfer bei uns engagieren. Aufgrund unseres beziehungsorientierten Ansatzes ist uns hier eine verbindliche und regelmäßige Unterstützung wichtig.